So – nun habe ich es endlich mal wieder geschafft, mich um diese Seite zu kümmern, für die ich so gerne Schelte bekomme. Vielen Dank an meine motivierende Helferin!
Kategorie: Corona
oder – wenn Rechte Spear-Phishen
Zum Text, der unter dem Namen Sebastian Friebel unter dem Titel „Wie soll es weitergehen“ im Internet veröffentlicht wurde
Seit September geht ein Text um, der es schafft, in viele Bevölkerungsteile vorzudringen. So weit, dass ich es als notwendig erachte, meine Lebenszeit damit zu verbringen, einen Blogbeitrag dazu zu verfassen. Der Grund ist, dass es mir Sorge macht, wie dieser professionell erstellte und strategisch verteilte Text es mit seinen strategisch eingesetzten Stichwörtern schafft, in die Hirne von Menschen einzudringen, die nicht so geübt sind, rechte Rhetorik zu erkennen. Und dass er sich in seiner gefeilten Rhetorik an sich eher als politisch links oder liberal einstufende Menschen richtet, indem er versucht, deren Sprache aufzunehmen und Menschen wie Sarah Wagenknecht von der Linkspartei zu zitieren.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich begrüße politische Aktivität! Die Lage der Welt ist nicht ideal und politisch aktiv zu sein oder zu werden ist wichtig. Auch ist es wichtig, sich gegen die Einschränkung von Grundrechten einzusetzen. Dazu gehört aber für mich auch, diese Grundrechte für alle einzufordern, nicht nur für Menschen des gleichen Untenrums oder der gleichen Hautfarbe. Und im Zuge dieses Textes möchte ich nochmals dazu aufrufen: Schaut euch die Leute also an, die versuchen, euch vor ihren Karren zu spannen. Schaut an, was sie für Menschenbilder haben und mit wem sie sich herumtreiben. Wer mit Rassit:innen und Faschist:innen auf die Straße geht, ist keine Freiheitsheld:in sondern ein:e Mitläufer:in.
Was macht eine Autorin, die ein Konzept für ein Buch ausgearbeitet hatte, das eine Warnung sein sollte? Eine Warnung vor einer immer größeren Machtverschiebung durch die derzeitige Digitalisierung, die sich immer weiter weg von dem einzelnen Menschen und gesellschaftlichen Gruppen bewegt. Eine Warnung vor der jetzigen Form der Digitalisierung, die mit einer immer stärker werdenden Auflösung gesellschaftlicher Vernetzung außerhalb des Internets einhergeht und einer damit zusammenhängenden immer vollständigeren digitalisierten Kontrolle durch Staaten, Konzerne und einflussreichen politische Interessengruppen.
Merièm Strupler hat mich für die schweizerischen WOZ – Die Wochenzeitung zu Corona, Social Credit Systemen in China und den gesellschaftlichen Auswirkungen der Digitalisierung interviewt.
Das Interview kann auf der Seite der Wochenzeitung ohne Anmeldung gelesen werden. Wer den unabhängigen Journalismus der WOZ unterstützen möchte, kann dies zum Beispiel über ein Abo machen. Wer meine Arbeit unterstützen möchte, kann für meine Arbeit spenden.
Tipps zur digitalen Selbstverteidigung und einem sichereren Homeoffice
Seit der Corona-Krise hat die soziale Isolation für viele sprunghaft zugenommen. Somit stieg auch die Nutzung digitaler Dienste, um mit anderen in Kontakt zu treten oder Kontakte zu halten. Egal, ob geschrieben über Chats, gesprochen über Telefondienste oder per Video.
Statt einen Artikel zum sicher(er)en Homeoffice, der digitalen Verführung durch große Firmen und gamifizierten Käsewürfeln zu veröffentlichen, sehe ich mich durch die zur Zeit laufenden Entwicklungen und besonders die Vorkommnisse am Wochenende, dazu gezwungen, etwas anderes zu schreiben. Denn wenn Nazis sich so offen auf der Straße zeigen, wenn diejenigen, die „Nazis raus!“ rufen, auf Demonstrationen bedroht werden und das noch an den Jahrestagen der Befreiung vom Nationalsozialismus in dem Land, von dem die NS-Ideologie ausging, dann ist es Zeit für einen anderen Text.
Wer mit Nazis demonstriert, wer neben ihnen steht, mit ihnen läuft, ihre Beiträge wohlwollend weiterleitet oder Kuchen mit ihnen bäckt, macht sich mit ihnen gleich und muss dann auch mit den entsprechenden Reaktionen rechnen. Wer Nazis nicht wegen ihrer menschenverachtenden Aussagen konfrontiert, sondern die Schuld für solche Aussagen im Alkohol, dem Liebeskummer, dem Unverständnis der Situation oder gar in der politischen Situation selbst sieht, der toleriert Nazis und findet Entschuldigungen für Menschen, die den Holocaust wiederholen wollen und von Weltkriegen träumen.
In einer Zeit, in der die meisten von uns durch die Ereignisse und die Berichterstattung der Corona-Epidemie entwurzelt und durch immer neue Nachrichten ständig hin und her geweht werden wie ein Blättersturm im Herbst fehlen oft die Zeiträume, in denen überlegt werden kann.
Denn was der Sturm gerade freilegt, sind die ideologischen Knochen unserer Gesellschaft und derjenigen, die Politik und Wirtschaft bestimmen. Aber der Sturm biete auch die Möglichkeit, über Fragen nach einer anderen Gesellschaft aufzuwerfen.
Klarnamenregistrierung ist der Grundstein des chinesischen Überwachungsstaates
Die Grundrechte haben dieser Tage einen schlechten Stand. Dass im politischen Nachspiel von den Morden von Hanau und Halle nun von verschiedenen Politikerinnen und Politiker unterschiedlicher Parteien eine Klarnamenregistrierung gefordert wird und von verschiedenen Bundesländern als Vorschlag in den Bundesrat eingebracht wurde, schockiert. Es lag nur an den Corona-Umständen, dass es nicht bearbeitet wurde. Dass nun außerdem Individuen und ihre Daten immer stärker überwacht werden sollen, um die Pandemie zu begrenzen, die nicht durch Daten, sondern durch Tröpfchen übertragen wird, sollte zumindest alarmieren.
Während in diesen Zeiten viele digitale Angebote genutzt werden, um mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben, ist es gut, zwei Dinge zu beachten: Erstens, diejenigen, die analog leben nicht zu vergessen. So freut es, in Nachbarschaften auch Zettel mit Hilfsangeboten zu sehen.
Gerade wird die Welt von einer Erkrankungswelle in Atem gehalten, die von den Verantwortlichen so nicht vorausgesehen wurde. Im digitalen Kapitalismus wurde genau wie in seinem analogen Vorgänger übersehen, dass Menschen verwundbar sind und dass die auf die Wirtschaft ausgerichtete Globalisierung uns näher zusammengebracht hat, als uns manchmal lieb ist. Und vielen wird gerade die eigene Vergänglichkeit mit Schrecken bewusst.
Die Reaktionen von Gesellschaft und Verantwortlichen auf die jetzige Situation reichen von Ignoranz bis Panik, von Existenzangst und Verzweiflung bis zu der Hoffnung, nun schnell noch das große Geld zu machen.
Digitale Überwachung nimmt rasant zu.
Dies ist kein Muss. Gerade jetzt müssen wir unsere analogen Netzwerke stärken, nach uns und anderen sehen und für einander sorgen. Unser eigenes Immunsystem stärken und die Zeit vielleicht auch dafür nutzen, unsere digitalen Geräte zu überprüfen und auf freie Software und verschlüsselte Kommunikation umzusteigen.