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Videotelefonie und andere digitale Dienste ohne digitale Käsewürfel

Tipps zur digitalen Selbstverteidigung und einem sichereren Homeoffice

Seit der Corona-Krise hat die soziale Isolation für viele sprunghaft zugenommen. Somit stieg auch die Nutzung digitaler Dienste, um mit anderen in Kontakt zu treten oder Kontakte zu halten. Egal, ob geschrieben über Chats, gesprochen über Telefondienste oder per Video.

Leider verfügen die meisten von uns über wenig Wissen, wie die genutzten Dienste funktionieren bzw. was für eine Datenwelle wir mit der Nutzung dieser Diensten erzeugen. Wer weiß z.B., was für Daten bei einem WhatsApp-Gespräch erzeugt werden und was für Schlüsse diese Daten auf die Nutzerin oder den Nutzer zulassen? Leider wird uns kaum Wissen über die Funktionsweise dieser Dienste vermittelt, aber eins ist sicher: Wenn wir nicht für den Dienst zahlen und er nicht von Ehrenamtlichen entwickelt wird, dann werden wir verkauft, wie ich in anderen Beiträge beschrieb. Wir haben auch kaum Wissen darüber, was mit unseren Daten angestellt werden kann oder an welche Firmen und Geheimdienste die Daten alle gehen, wer unser Daten besitzt und an wen weiterverkauft.

Aber es zeigt sich, dass die meisten von uns schon mehr oder minder fest in den Ablegern der marktführenden Firmen kleben, ob an Facebook mit Facetime, Instagram, WhatsApp, an Google mit Hangout oder anderen Diensten, an Zoom, an Alibaba mit WeChat, Tencent, TicToc, Amazon Charms oder Microsoft mit Teams und Skype.

Dabei wird oft die folgende Frage vergessen: „Weshalb sollte eine Firma mir diese teuren Spielzeuge umsonst zur Verfügung stellen und woher bekommt sie denn dann ihre Kohle?“. Denn wir leben im Kapitalismus, nicht im Geschenkeland. Für den Rechner Zuhause oder den kleinen, „Smartphone“ genannten, in der Hand mussten wir ja auch Knete hinlegen und nicht niedlich schauen. Oder anders formuliert: Wenn man für Medikamente zahlen muss, die wir zum Leben brauchen, wieso sind dann Videotelefonate umsonst?

Bei Medikamenten wird meist neben den manchmal sehr geringen Materialkosten und Produktionskosten die Entwicklungskosten ins Feld geführt, die so hoch seien. Diese bestehen bei Computerprogrammen aber ebenfalls. Zusätzlich benötigt es unter anderem viel Platz auf Festplatten, also Servern, und eine Menge Kabel, um die Millionen von Nachrichten zu übermitteln und zu speichern, die wir ständig versenden.

Was nutzt es also Firmen, dass wir ihre Produkte nutzen, wenn wir ihnen dadurch Kosten verursachen?

Die kurze Antwort darauf ist, dass Daten Macht sind und wir mit jedem Fitzel Information über uns und andere, die wir im Internet verbreiten, eine bessere Angriffsfläche bieten. Wie im Krimi, indem es immer heißt gesagt wird, dass alles, was der Mensch jetzt sage, gegen ihn oder sie verwendet werden könne. Eine längere Version der ganzen Sache mit den angeblichen Gratisangeboten, der Macht und der Beeinflussung versuche ich gerade in ein Buch zu pferchen.

Im Internet gibt es zwei verschiedene „Umsonst-Modelle“ für Dienste. Das eine ist dasjenige, in dem Firmen uns mit digitalen Käsewürfeln in ihre Programme locken, damit wir ihnen treue Dienste leisten und die allgemeinen Geschäftsbedingungen so gestalten, dass keine Maus sie lesen will. Das andere Modell ist eines, das auf einer Gemeinschaft basiert, in der Menschen in ihrer Freizeit an Programmen basteln und auf Spendenbasis gearbeitet wird. Ein digitales Ehrenamt sozusagen.

Die meisten digitalen Kommunikationsdienste, die wir gerade nutzen gehören zu der Kategorie 1, also dem digitalen Käsewürfel.

Dabei gibt es für die meisten Programme auch Alternativen aus der Kategorie 2, Gemeinschaft und zum Teil stammen kommerzielle Programme sogar ursprünglich aus dieser Ecke.

Die Seite prism-break bietet eine sehr einfache und bequeme Übersicht über Alternativen, aber hier ist auch noch eine kleine Übersicht über Dienste, nach denen ich in den letzten Wochen oft gefragt wurde:

Videotelefonie /-konferenzen

Statt den genannten Datenschlürfern Google & Co können andere Dienste genutzt werden. Eventuell können nicht nicht so viele Menschen teilnehmen wie bei Zoom oder die Qualität ist mal nicht so gut – aber das kann ja dadurch geändert werden, dass wir die Gemeinschaften, die die Dienste entwickeln und pflegen einfach besser unterstützen.

Ein Tipp: Wenn das Bild nicht unbedingt gebraucht wird, dann schaltet es doch ab. Auch wenn es uns keine Knete kostet, kostet es Daten, Netzkapazität und Energie. Nervige Nebengeräusche entfallen oft, wenn alle, die gerade nicht reden, ihre Mikrofone abschalten. Wer per Kabel ins Netz gehen kann, hat für alle Dienste die besseren Karten.

Jitsi – ist ein Dienst, der sich gut für kleinere Videokonferenzen eignet. Jitsi bietet zumindest Transportverschlüsselung der Daten und ein Passwort für den Konferenzraum und viele Server, über die es laufen kann. Der Dienst kann auch auf eigenen Servern laufen gelassen werden. Zudem gibt es die Möglichkeit, sich über das Festnetz oder Mobiltelefon einzuwählen, es bietet also auch analog lebenden Menschen die Möglichkeit, mitzureden.

Ein großer Pluspunkt: Es ist unglaublich einfach zu nutzen. Das einzige, was benötigt wird, ist ein internetfähiger Computer und eine einigermaßen gute Internetverbindung. Einfach über https://meet.jit.si einen Raum benennen, den Link an andere schicken und los schnattern. Dabei ist total egal, welches Betriebssystem und welches Gerät von wem benutzt wird. Dafür kann es eben auch mehr Probleme geben, da das Programm mit praktisch allen Geräten und Betriebssystemen klar kommen muss. Von den Entwickler:innen wird Googles Chrome-Browser als Internetkutsche („Browser“) empfohlen, nach eigenen Erfahrungen läuft es mit Firefox meistens aber besser, zumindest nicht schlechter.

Es gibt aber auch noch andere Dienste wie Jami oder den verschlüsselten „Smartphone“ Dienst Signal .

Chats

Für geschriebene Mitteilungen („Chats“) bietet sich Jabber an. Der Dienst wird inzwischen auch vom Europäischen Parlament für seine Mitglieder empfohlen. Jabber bietet die Möglichkeit, dass alles, was über den Dienst läuft, verschlüsselt werden kann und viele verschiedene Benutzeroberflächen.

Generelles

Was insgesamt beim Homeoffice beachtet werden sollte: Immer alle Updates machen und „intelligente“ Geräte mit vernetzter Zuhörfunktion wie Alexa aus dem Raum in dem gearbeitet wird, verbannen. Denn diese können das gehörte Geschäftsgeheimnis übertragen. Genauso sollten Kameras, die nicht benötigt werden, verdeckt werden. Beide genannten Möglichkeiten ergeben für Hackerinnen und Hacker jeglicher Art nämlich auch gute Eingriffsmöglichkeiten.

Zu diesem Thema biete ich mit Kolleg:innen auch Workshops an. Diese können über die Kontakt-Seite angefragt werden und sowohl vor Ort [wenn dies wieder möglich ist] als auch aus der Ferne durchgeführt werden.