Kategorie: soziale Kontrolle
Aufgrund von vielen Nachfragen kann sich mit einer Email an die Adresse wommer@leuphana.de für die Konferenz nachgemeldet werden.
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Die Konferenz wird nicht aufgezeichnet.
Obwohl der EU-China-Gipfel verschoben wurde, haben sich Initiativen und Einzelpersonen in Leipzig dazu entschlossen, den geplanten kritischen Gegengipfel mit verschiedenen Veranstaltungen stattfinden zu lassen. Am Sonntag, den 13. September werde ich in Zusammenarbeit mit den Kritischen Jurist:innen Leipzig mit einem Vortrag zu den chinesischen Social Credit Systemen teilnehmen. Anschließend an den Vortrag eine Diskussion zu digitalisierter Kontrolle möglich.
Was macht eine Autorin, die ein Konzept für ein Buch ausgearbeitet hatte, das eine Warnung sein sollte? Eine Warnung vor einer immer größeren Machtverschiebung durch die derzeitige Digitalisierung, die sich immer weiter weg von dem einzelnen Menschen und gesellschaftlichen Gruppen bewegt. Eine Warnung vor der jetzigen Form der Digitalisierung, die mit einer immer stärker werdenden Auflösung gesellschaftlicher Vernetzung außerhalb des Internets einhergeht und einer damit zusammenhängenden immer vollständigeren digitalisierten Kontrolle durch Staaten, Konzerne und einflussreichen politische Interessengruppen.
Statt einen Artikel zum sicher(er)en Homeoffice, der digitalen Verführung durch große Firmen und gamifizierten Käsewürfeln zu veröffentlichen, sehe ich mich durch die zur Zeit laufenden Entwicklungen und besonders die Vorkommnisse am Wochenende, dazu gezwungen, etwas anderes zu schreiben. Denn wenn Nazis sich so offen auf der Straße zeigen, wenn diejenigen, die „Nazis raus!“ rufen, auf Demonstrationen bedroht werden und das noch an den Jahrestagen der Befreiung vom Nationalsozialismus in dem Land, von dem die NS-Ideologie ausging, dann ist es Zeit für einen anderen Text.
Wer mit Nazis demonstriert, wer neben ihnen steht, mit ihnen läuft, ihre Beiträge wohlwollend weiterleitet oder Kuchen mit ihnen bäckt, macht sich mit ihnen gleich und muss dann auch mit den entsprechenden Reaktionen rechnen. Wer Nazis nicht wegen ihrer menschenverachtenden Aussagen konfrontiert, sondern die Schuld für solche Aussagen im Alkohol, dem Liebeskummer, dem Unverständnis der Situation oder gar in der politischen Situation selbst sieht, der toleriert Nazis und findet Entschuldigungen für Menschen, die den Holocaust wiederholen wollen und von Weltkriegen träumen.
Während in diesen Zeiten viele digitale Angebote genutzt werden, um mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben, ist es gut, zwei Dinge zu beachten: Erstens, diejenigen, die analog leben nicht zu vergessen. So freut es, in Nachbarschaften auch Zettel mit Hilfsangeboten zu sehen.
Gerade wird die Welt von einer Erkrankungswelle in Atem gehalten, die von den Verantwortlichen so nicht vorausgesehen wurde. Im digitalen Kapitalismus wurde genau wie in seinem analogen Vorgänger übersehen, dass Menschen verwundbar sind und dass die auf die Wirtschaft ausgerichtete Globalisierung uns näher zusammengebracht hat, als uns manchmal lieb ist. Und vielen wird gerade die eigene Vergänglichkeit mit Schrecken bewusst.
Die Reaktionen von Gesellschaft und Verantwortlichen auf die jetzige Situation reichen von Ignoranz bis Panik, von Existenzangst und Verzweiflung bis zu der Hoffnung, nun schnell noch das große Geld zu machen.
Digitale Überwachung nimmt rasant zu.
Dies ist kein Muss. Gerade jetzt müssen wir unsere analogen Netzwerke stärken, nach uns und anderen sehen und für einander sorgen. Unser eigenes Immunsystem stärken und die Zeit vielleicht auch dafür nutzen, unsere digitalen Geräte zu überprüfen und auf freie Software und verschlüsselte Kommunikation umzusteigen.