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SCHLUSS MIT DEM KRIEG!

SCHLUSS MIT DEM KRIEG!

Überarbeitung: 15:43h Tippfehler und Ergänzungen.
17:07h Ergänzung: Kölner Indoor-Karneval abgesagt
Ergänzung 15.02. Schlusssatz

1991 fand in Köln kein Straßenkarneval statt. Weil Krieg war. Fern von Europa. Am Golf. 2022 findet in Köln der Straßenkarneval statt. Trotz Corona, trotz Krieg. Es zeigt, wie der Antimilitarismus und die Friedensbewegung aus dem Diskurs und oft auch aus dem Bewusstsein verschwanden.

Früher gab es riesige Friedensdemonstrationen. Gegen den Krieg zu sein, bei der Gefahr eines Krieges in die Öffentlichkeit zu gehen, war ein Verbindungspunkt zwischen den unterschiedlichsten politischen Bewegungen. In Köln fand 1991 der erste “Geisterzug” statt, der sich, ob von den Organisator:innen gewollt oder nicht, in eine Antikriegsdemonstration von als Geistern und Monstern verkleideten Menschen entwickelte, die sich gegen den Krieg eine halbe Erde entfernt aussprachen. Ergänzung 17:07h: Köln sagt den Indoor-Karneval am Rosenmontag ab.

Es ist Krieg – und alle gehen hin…

Wer sich heute gegen Krieg ausspricht, befindet sich schnell in einer Verteidigungsposition. Denn die Sichtweise und die Argumentation zu Kriegen haben sich in den letzten Jahrzehnten geändert. Kriege werden heute oft angeblich für die Menschenrechte geführt. Mit dem ersten Grünen Außenminister fand sich die Bundesrepublik Deutschland plötzlich in der historischen Verantwortung, Kriege zu führen. Begründet wurde es von Fischer mit der deutschen Vergangenheit als Weltkriegserfinder und der Entwicklung und Durchführung des industriellen Massenmordes an ganzen Menschengruppen. Wer immer noch sagte, dass Kriege falsch seien, wurde von manchen nun als Schutzpatron:in von Diktator:innen bezichtigt. Nach diesem Argumentationsmuster könnte man die deutsche Waffenindustrie aber auch einfach zur Friedens- und Entwicklungsindustrie ernennen. Die Münchner Wehrkundetagung hat die erfolgreiche Namenstransaktion in „Münchner Sicherheitskonferenz“ ja schon hinter sich.

Die NATO, das gegen die Sowjetunion gegründete westliche Militärbündnis, dass nach dem Ende der SU so lange nach einem neuen Feindbild suchte, ist mit den letzten Kriegen wieder erstarkt. Die Diskussion und Opposition, die es um dieses Kriegsbündnis und seine Taten gab, leider nicht. Auch die einstigen Einigungen über den Verbleib der NATO fern von anderen Bündnissen, scheint vergessen worden zu sein.

Bombing for Peace

Bombing for peace is like fucking for virginity

Es ist nicht leicht, heute gegen den Krieg zu sein. Der Spruch der Hippy-Bewegung, dass Bombardieren für den Frieden gleich viel Sinn mache, wie sich zur Jungfräulichkeit zu vögeln, kommt auf einer bekannten Bildersammelseite gut an. Gesellschaftlich scheint aber eher ein Achselzucken oder eine totale Lethargie eingetreten, was das Thema Krieg angeht.

Aus den meisten Parteien war in den letzten Tagen und Wochen Kriegsrhetorik zu hören, dass man Stärke zeigen müsse, etc. pp. Und, eine Argumentation, die immer wieder gerne auftrat, war, dass Geheimdienstinformationen vorlägen.

Der Geheimdienst, der Krieg und die Wahrheit

Die Aussage, dass die Wahrheit als erste im Krieg stürbe, wird verschiedenen Menschen zugeschrieben.

Dass Krieg immer eine Feier der Fehlinformation ist, hat nicht erst der deutsche Überfall auf Polen gezeigt, der mit der in Deutschland verbreiteten Lüge eines polnischen Angriffs begann. Es ist immer noch aktuell. Anfang der 1990er Jahre, als der zweite Golfkrieg Menschen und Landschaften zerstörte, war es unter anderem der herzergreifende Bericht einer angeblichen Krankenschwester, der die Stimmung in Richtung Krieg gegen den Irak umschwenken ließ. Irakische Soldaten hätten in Kuwait Babys aus Brutkästen gerissen und sterben lassen, sagte die junge Frau unter Tränen. Später wurde dieser Bericht als Brutkastenlüge bekannt. Erfunden von einer amerikanischen PR-Agentur. Präsentiert von der Tochter des kuwaitischen Botschafters. 1999, als Deutschland sich anschickte, das erste Mal in der bundesrepublikanischen Geschichte an einem Kriegseinsatz teilzunehmen. Diese sind in der WDR-Dokumentation „Es begann mit einer Lüge“ sehenswert aufgearbeitet. Nebenbei kann der NATO-Krieg im ehemaligen Jugoslawien war ein völkerrechtlicher Dammbruch, auf den sich andere Nationen bei Kriegen berufen können, wenn es um die Anerkennung und militärische Abtrennung einzelner Gebiete aus einem souveränen Staat geht.

Auch die öffentlichkeitswirksamen Gründe für andere Kriege, wie die irakischen Massenvernichtungswaffen, haben sich im Nachhinein als falsch herausgestellt.

Kriege töten – immer. Und noch lange nach ihrem Ende

Was sich aber immer gezeigt hat, ist, dass Kriege töten. Und das oft noch Jahrzehnte nach ihrem Ende. Durch körperlich und psychische Verletzungen, durch den Einsatz und das Zurücklassen von radioaktiver DU-Munition der NATO, durch Minen, die Menschen und Tiere noch Jahrzehnte später zerfetzen. DU- oder Uranmunition ist gehärtete, panzerbrechende Munition, von der Laut Wikipedia wurden „alleine während eines dreiwöchigen Einsatzes im Irakkrieg 2003 […] von der „Koalition der Willigen“ zwischen 1000 und 2000 Tonnen Uranmunition eingesetzt“. Viele der Waffen waren oder sind made in Germany. Das Leid in den Ländern, in denen die NATO DU-Munition einsetzte, ist durch die verursachte Verseuchung nahezu unermesslich und im Westen wenig beachtet. Die Zerstörung von Natur und Klima durch Armeen ist eines der größten weltweit.

„Stärke“ in der Politik

Wer in der Politik von Stärke spricht, hat meist schon den bebenden Finger am Abzug und verspürt die unbändige Lust, den Knall zu hören. Und glaubt dabei sich und die seinen fern von der Gefahr, von der Kugel getroffen zu werden. Und verdient oft noch sehr komfortabel am Terror des Krieges. Durch Posten oder Rendite.

Digitale Leimruten

Wir sind heute durch die zunehmend digitalisierte Globalisierung in einer nie größer gewesenen Abhängigkeit von anderen Ländern. Wir hätten die Mittel, friedlich miteinander umzugehen. Aber Kriegsbündnisse haben an Einfluss gewonnen. Und mit sogenannten „Sozialen Medien“ haben sich neue Schlachtfelder ergeben, mit denen Freiwillige auf digitale Leimruten gelockt werden können, Unterstützer:innen kreiert und Kanonenfutter produziert werden kann. Diese digitalen Leimruten schaffen neue Machtbasen für Kriegsparteien. Was wahr ist und was nicht, ist nicht relevant. Gut ist, was Klicks erzeugt und dadurch in die Hirne von Menschen tropft. Wer was wann gepostet hat und was wahr, gefälscht oder verfälscht war, wird sich später sehr viel schlechter herausfinden lassen, als die von einem kuwaitischen Teenager präsentierten Lügen von getöteten Babys.

Wag the Wahrheit

Mit „Wag the Dog“ präsentierte Barry Levinson 1997 einen Film über die damaligen technischen und sozialen Möglichkeiten, „Wahrheiten“ zu präsentieren. Ein immer noch lehrreicher und unterhaltsamer Streifen über die zynische Sicht des Krieges als Mittel der Ablenkung.

Schaut man diesen Film und macht sich dann die heutigen Möglichkeiten von Manipulation und Beeinflussung bewusst, kann man ins Schaudern kommen.

Durch die Digitalisierung von Informationsquellen sind wir wie kleine Insekten auf einer unruhigen See, wir sehen immer neue Wellenberge, wir werden hin und her geschleudert, aber die Kraft, die hinter den Wellen ist, können wir nicht sehen.

Und nun?

Vielleicht ist es an der Zeit, zu begreifen, dass wir diese Wellen verlassen können und dass die Geschwindigkeit, mit der wir von Informationswellen überrollt werden, vielleicht nicht nur von Vorteil ist. Denn die immer neuen Wellen nehmen uns meist die Zeit, sie zu untersuchen, ihren Gehalt zu verifizieren und zu überlegen, ob wir überhaupt in die Richtung wollen, in die uns diese Informationswelle treibt.

Und zu begreifen, dass das Reden von „Stärke“ in der Politik sehr gefährlich ist. Und das jedes Militärbündnis, egal ob aus Ost oder West, ob blau, rot, grün oder gepunktet ein Kriegsbündnis mit eigenen Interessen und geprägt von kriegerischem Denken ist.

Und, auch wenn es nicht einfach ist, sich während Corona im analogen Raum zusammenzufinden, es gibt Möglichkeiten, sich gegen den Krieg auszusprechen. Oder auch etwas im öffentlichen Raum zu hinterlassen. Ebenfalls aus Köln stammte 2003 die „No War“ Kampagne, deren Logo in Fenstern, auf Internetseiten, im öffentlichen Raum und in Verkehrsmitteln auftauchte.

No War

Kriege sind immer Verbrechen. Und die Welt ist zu schön, um Kriege einfach geschehen zu lassen.

Ergänzung 25.02.2022: Wie manchen auffiel, betrachtet dieser Text die NATO und den Westen, da er der geografische Bereich ist, in dem ich aufwuchs.