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Daten sind Macht, biometrische Daten sind besondere Macht

Schon seit Jahrzehnten gibt es Debatten über staatliche Sammlungen von biometrischen Daten. Nach und nach werden biometrische Merkmale für Reisepass und Personalausweis eingefordert. Es begann mit biometrische Bildern, gefolgt von Fingerabdrücke in Reisepässen, ab August 2021 wird die Abgabe von Fingerabdrücken bei der Beantragung eines Personalausweises verpflichtend. Aber es gibt noch Spielraum für Widerstand.

Die Initiative Digitalcourage e.V. hat daher die Kampagne #PersoOhneFinger ins Leben gerufen, um das noch zu verhindern – die Aktionsseite kann hier abgerufen werden. Im folgenden Beitrag soll nicht den Gründen nachgegangen werden, sondern ein kurzer Abriss über die Verwendung von Biometrie in deutschen Ausweisen gegeben werden. Und über die Probleme und falschen Sicherheitsversprechen durch die Verwendung von biometrischen Daten.

In einem Jahr werden in Deutschland Fingerabdrücke für den Personalausweis genommen

Gegen die biometrische Datensammelei gibt es viele Bedenken und sehr gute Argumente: Zum einen ist es eine Umkehrung der Unschuldsvermutung. Automatisierte Gesichtserkennung ist ein wunderbares Machtmittel für autoritäre Staaten und erlaubt die Verfolgung von Individuen. So ist die Volksrepublik China nicht ohne Grund ein führender Staat in diesem Bereich. In verschiedenen Social Credit Systemen des Landes werden biometrische Daten zur Personenerkennung eingesetzt. Und die Biometrie erzeugt dabei natürlich auch Probleme der Datensicherheit: Denn anders als Ihre Frisur können Sie Ihre biometrischen Daten nicht so einfach ändern. Auch nicht nach dem Diebstahl dieser Daten. Aber es kommen noch sehr viele andere Gründe gegen die Verwendung dieser Daten hinzu und was vielleicht immer noch wenigen bekannt ist, ist die Einfachheit, mit der Fingerabdrücke inzwischen gewonnen werden können – ohne, dass die Betroffenen dies merken.

Biometrie als digitales Allheilmittel?

Digitalisierte biometrische Daten werden oft als digitales Allheilmittel für mehr Sicherheit (ohne zu sagen für wen) oder Bequemlichkeit (auch wieder ohne zu sagen für wen) angepriesen und verkauft. Sowohl in der privaten als auch in der offiziellen Sicherheitssphäre. Sie können sich inzwischen sogar mit ihrem Gesicht gegenüber Ihrem Streicheltelefon, Facebook und Payback-als Kund:in ausweisen, da inzwischen auch Payback weiß, wie Sie aussehen! Toll. Was aber diese Biometrie genau ist und welche Nebenwirkungen das hat, wird nicht so oft erwähnt. Wer bei sich Nachholbedarf erkennt oder es einfach nochmal sehr charmant-fundiert hören möchte, dem sei das Video von Andrea Knaut auf dem FIfF-Kongress 2016 empfohlen. Unter dem Titel „Sie haben den Nutzen der Technik noch nicht rational erkannt! – Biometrie verstehen und akzeptieren“ nutzt Sie ein Vorurteil gegen Biometrieskeptiker:innen als Titel für Ihren Vortrag.

CCC mopst dem Innenminister den Fingerabdruck

Widerstand gegen die Verwendung von biometrischen Erkennungsverfahren gab es schon seit ihrem entstehen. Besonders die Einfachheit der Beschaffung von biometrischen Daten wurde immer wieder aufgezeigt und kritisiert. Da der ehemalige Innenminister Wolfgang Schäuble schon immer ein Hardliner, Überwachungsfan und kein Freund des Datenschutzes war (zumindest nicht bei den Daten anderer), machte der Chaos Computer Club (CCC) 2008 anhand der Veröffentlichung des Fingerabdrucks des Ministers auf die Problematik der biometrischen Daten aufmerksam. In der Vereinspublikation „Die Datenschleuder“ wurde der Abdruck des ministerialen Patscherchens beigepckt. Zudem wurden die angewendeten Techniken zur Fingerabdruckgewinnung vom CCC über das Chaosradio und ein Video als Mitlernoption für Interessierte geboten.

Fingerabdrücke einfach digital klauen

Inzwischen ist es leider noch leichter geworden, Fingerabdrücke zu nehmen und es muss dafür noch nicht einmal ein Trinkeimer gekidnappt werden: Leider eignen sich durch die hohe Auflösung auch Digitalfotos, um an Fingerabdrücke zu gelangen.

Wie unter anderem die ZEIT berichtete oder man durch das Durchforsten der CCC Mediathek lernen kann, ist es inzwischen sogar möglich, Fingerabdrücke von Fotos zu nehmen. Bei der damaligen Ministerin von der Layen klappte es, nur Angela Merkel macht dies durch die Merkelraute bisher unmöglich.

Die Bundesdruckerei und die Fotos

Neben der Datenschutzproblematik in den neuen Ausweisen stellt sich auch noch ein finanzieller Nebenschauplatz dar: Die Bundesdruckerei sollte nach dem Willen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) das alleinige Recht erhalten, Bilder für deutsche Ausweise aufzunehmen – und damit Fotograf:innen und Fotobox-Betreiber:innen eine wichtige Einnahmequelle leer saufen. Die Bundesdruckerei, die trotz der sensiblen Daten, die sie verwaltet, von 1994 bis 2009 in privater Hand war, hat sich in den letzten Jahren sehr aktiv um die Erstellung von angeblich fälschungssicheren Ausweisen eingesetzte – für Menschen in Afrika. Natürlich nicht als kleine Nettigkeit, sondern um Fluchtlinien nachvollziehen und bekämpfen zu können.

Zu schwarz für einen Fotoautomat der Bundesdruckerei

Dumm nur, wenn man nicht beherrscht, was man verkaufen will. Die Nachricht aus einer Hamburger Führerscheinstelle, in der sich ein Fotoautomat der Bundesdruckerei weigerte, Fotos von Menschen mit dunklerer Haut zu machen, ist erniedrigend und extrem nervig für die Betroffenen und kann als Kompetenzbeweis der Bundesdruckerei gelten. Und diese GmbH ist Hüterin von immer mehr biometrischen Daten der Bevölkerung… Aber das mit den „immer mehr biometrischen Daten“ muss ja nicht unbedingt klappen. Also auf: Aktiv werden, um den digitalen Patscher aus den Ausweis halten!

#PersoOhneFinger, #Maskeauf