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Solidarität mit den Streikenden

Streik

Weshalb eine Rückenstärkung der Streikenden wichtiger ist als Maulen und ein kurzes Nachdenken über die Frage, weshalb in Deutschland nur Protestformen genehm sind, die niemanden stören.

Ich habe es Mitarbeiteden der Deutschen Bahn versprochen: Wenn das nächste Mal für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt wird, gibt es eine Solidaritätsbekundung meinerseits. Nicht, weil ich besonders wichtig bin, sondern, weil Streiks und Demonstration wichtige Themen sind.

Heute gibt es in Deutschland einen großen Streik, der sich über verschiedene Arbeitsbereiche zieht. Unglaublich viele Menschen machen somit von ihrem Streikrecht Gebrauch, in Kauf nehmend, dass somit das Leben anderer betroffen ist.

Streik = Aufschrei, weshalb das denn jetzt sein muss

Der Aufschrei in vielen Parteien, Medien und Nachbarschaften folgt in diesem Land Ankündigungen von Gewerkschaften und anderen Ausführenden von kollektiven Handlungen auf dem Fuße. Plötzlich ist auf vielen Sendern vom Leid der Pendler:innen zu hören, von der Gefährdung der Versorgungssicherheit und dass es doch unnütz sei, Menschen in der heutigen Zeit ins Auto zu drängen. Hört man bei Pendler:innen nach, zumindest bei denjenigen, die die Deutschen Bahn nutzen, leiden diese sehr viel öfter als nur an Streiktagen, manche sprechen von tagtäglichem Leid. Und wenn die Versorgungssicherheit von einem Tag ohne Transporte komplett gefährdet ist, dann ist es keine Sicherheit, sondern ein eklatanter Mangel an ebendieser.

Auch andere Formen von sozialen Kämpfen werden misstrauisch beäugt und oft abgelehnt bis kriminalisiert. Während in Frankreich oft die revolutionäre Vergangenheit als Ursache für soziale Verbesserung für einen Großteil der Gesellschaft betrachtet wird, scheinen sich viele in Deutschland eher an den Hinweis, dass Ruhe die erste Bürger:innenpflicht sei, zu erinnern.

Kaum kommt es zu Aktionen, die den Alltag auch noch so wenig beeinflussen, schäumen die Boulevard-Medien und mit ihnen viele andere – wie unzählige Medienbeträge der letzten Tage zeigten.

Es müsse doch andere Wege geben, die Forderungen seien unverschämt und dann wird immer gerne von „Geiselhaft“ geredet, in die die Gesellschaft genommen würde.

Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will

Dabei sind Streik- und Demonstrationsrechte in verfassten Gesellschaften geschützt, da sie Menschen erlauben, sich zur Durchsetzung ihrer Interessen zusammenzufinden und den Mächtigen die Macht der Masse entgegenzusetzen. Es sind Grundrechte in sogenannten Demokratien. Streiks setzen Verbesserungen für große Teile der Bevölkerung durch. Sie haben das Potential, die Arbeitssicherheit und Lebensqualität zu erhöhen.

Und wenn die heutigen Streiks Geiselhaft sind, haben ich und unglaublich viel andere sich schon unzählige Male in Geiselhaft der maroden Bahn mit ihren Verspätungen befunden. In einer Bahn, die in den letzten Jahrzehnten die Löhne von unten nach oben umverteilt hat und immer unzuverlässiger wird.

Auch Aktionen der Letzten Generation, die zwanghaft bemüht sind, nichts ernsthaft zu beschädigen, werden intensiv gehasst und in Parteien wie Medien mit Terrorismus gleichgesetzt.

Wenn das Beflecken einer Sicherheitsglasscheibe vor einem Kunstwerk schon als Terrorismus bezeichnet werden kann, ohne dass sich alle, die so etwas hören, einfach nur kopfschüttelnd oder auch lachend abwenden – welches Demokratieverständnis haben wir als Gesellschaft dann?

Man kann zu der Gesellschaftsform, in der wir leben, stehen, wie man möchte. Aber sie wurde so erdacht, dass wir in gesellschaftlichen Gruppen organisiert sind, die unsere Interessen zusammenführen und vertreten. Wer von uns ist das noch?

Die Rolle der Gewerkschaften

Sicher haben die Gewerkschaften in den letzten Jahrzehnten auch ihren Haufen Mist gebaut, aber die Tendenz, dass immer weniger Menschen gewerkschaftlich organisiert sind, spielt vor allem einer Gruppe in die Hände: den Arbeitgeber:innen.

Und bei neuen Arbeitsfeldern wie den sogenannten Klick-Worker:innen oder den Essenskurier:innen haben zu allererst kleine Gewerkschaften wie die FAU oder die Wobblies mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Und mir den Arbeiter:innen eine langsame Verbesserung erstritten.

Konflikte wird es in Gemeinschaften immer geben – die Frage ist, wie mit diesen Konflikten umgegangen wird. Gemeinsam mit anderen in einer Gruppe für die Verbesserung seiner Leben einzutreten, sollte aber nicht mit Diffamierungen bis hin zum Terrorismus begegnet werden. Sondern besser mit Nachdenken. Und vielleicht auch Unterstützung.

Denn wer möchte, dass nicht mehr demonstriert und gestreikt wird, weil es irgendwie bequemer sei, ist sich vielleicht nicht bewusst, dass er sich eine autoritäre bis faschistische Gesellschaft wünscht, aber es ist so.

Für die USA haben „Die Simpsons“ übrigens die Auswirkungen des Zerfalls der Gewerkschaften und den damit einhergehenden Verfall des Mittelstandes in ein kleines Lied gepackt, der unter diesem Link zu sehen ist.

Also: Solidarität mit den Streikenden – und für bessere Gewerkschaften und Verbesserungen im Leben!