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Konferenz zu Scoring, Herrschaft und Beeinflussung in Ost und West im Juni 2021

https://fg-internet.gi.de/veranstaltung/sks21

Sozialkredit-System in China und Datenkapitalismus im Westen – Herrschaft durch Scoring und datengestützte Simulation von Gesellschaft

/Aktualisierung/ 11.05.2021: Endgültiges Programm
/Aktualisierung/ 20.05.2021: Weitere Details zum Programm

Im Juni findet im Internet und im optimistischst gesehenen Fall auch vor Ort an der Leuphana Universität in Lüneburg eine Konferenz statt, in der sich mit Überwachung und Beeinflussung innerhalb und außerhalb Chinas beschäftigt wird. Die Anmeldung ist ab sofort unter diesem Link möglich.

Anmeldung unter der Seite der Fachgruppe Internet und Gesellschaft und der Konferenzseite.

Der offizielle Ankündigungstext:

Wir alle nutzen soziale Medien im Internet, lassen uns durch Karten-, Spiele- oder Wetter-Apps orten, mit Wearables vermessen und befragen Suchmaschinen nach allem, was wir wissen wollen. Wie weit sind wir bereits abhängig, werden manipuliert und kontrolliert? Welche Konzerne und politischen Interessengruppen nutzen die Einfluss-Möglichkeiten des Internets für kommerzielle oder politische Zwecke in liberalen Gesellschaften? Wie nutzen autoritäre Regierungen diese Einfluss-Möglichkeiten zum Machterhalt gegenüber ihren Bürger*innen? In welcher Art von Gesellschaft wollen wir leben?  Wie ist das enorme Machtgefälle zwischen betroffenen Usern und datenverarbeitenden Organisationen zu bewerten, vielleicht sogar zu ändern, zumal die städtische Lebensumgebung in Form von Smart Cities komplett datafiziert werden wird? Wie unterscheiden sich fernöstliche Indoktrination mittels ubiquitärer Überwachung und Steuerung vom datenbasierten Manipulationskapitalismus im Westen?

Chinas Sozialkredit-System erscheint als Realisierung dystopischer Simulationen, Prognosen oder als moderne staatliche Kybernetik. Wir untersuchen, was Kredit-Scoring, Schufa, Creditreform, Facebook, Bonussystemen von Krankenkassen, Payback-Systemen, Videoüberwachung, staatlichen und privaten Datensammlungen in Europa voneinander unterscheidet und wie der Zusammenhang zwischen dem Internet als Kommunikations-Infrastruktur und als rezenter Herrschaftstechnik zu beschreiben ist. Die Tagung erörtert, welches Gewicht digitalisierte Systeme erlangen, wenn sie etwa in automatisierter Rechtsprechung eingesetzt werden.

Auf der Konferenz erörtern Sinologen, Informatikerinnen, Kommunikations-, Medien-, Politik- und Kulturwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen diese Fragen anhand von Beispielen innerhalb und außerhalb Chinas. Die Wissenschaftlerinnen bieten vielfältige Perspektiven auf ein globales Phänomen an, sie diskutieren auch Fragen um die sogenannte Smart-City als Ziel von (Alb-)Träumen digitalisierter Kontrolle.
        
Original-Texte der Konzeption und Ausgestaltung des Sozialkredit-Systems liegen jetzt in deutscher Übersetzung vor und werden in Buchform auf der Konferenz vorgestellt: M. Woesler und M. Warnke (Hg.) Sozialkybernetik in statu nascendi – Die Entstehungsgeschichte des chinesischen Sozialkreditsystems. Berlin: Matthes & Seitz 2021.

Konferenz-Sprache ist Deutsch.

Die Tagung wird online stattfinden. Alle Teilnehmer:innen und Interessenten werden weit im Voraus über die Planung informiert, sobald eine Entscheidung getroffen worden ist.

Programm

Freitag, 18.06.2021

I Aspekte des Datenkapitalismus, Selbstdarstellung, Kontrolle und Widerstand 

9:00 Uhr
Ankommen

9:20 Uhr 
Begrüßung

9:30 Uhr 
Andreas Bernard: Komplizen des Erkennungsdienstes: Das Selbst in der digitalen Kultur

10:30 Uhr 
Wolfgang Coy: ›Wir schaffen Vertrauen!‹ Bewertung von Schuldfähigkeit durch die SCHUFA und ähnliche Einrichtungen 

11:30 Uhr
Kaffeepause

12:00 Uhr
Andrea Knaut: Ich stimme zu & weiter – Probleme der „freiwilligen“ und „informierten“ Zustimmung zu den Terms of Use der GAFAM

13:00 Uhr
Linus Neumann: Hacker-Ethik und gesellschaftliche Verantwortung

14:00 Uhr 
Mittagspause

II Zum Stand des Sozialkredit-Systems in der VR China

15:00 Uhr
Martin Warnke: Sozialkybernetik in statu nascendi. Die Entstehungsgeschichte des chinesischen Sozialkreditsystems – Quellentexte zum chinesischen SCS

16:00 Uhr 
Antonia Hmaidi: „Das“ chinesische Sozialkreditsystem – Kann es Ressourcen fairer verteilen und Vertrauen wieder herstellen?

17:00 Uhr
Martin Woesler: ‚Vermessene’ Menschen – An der Schwelle zur Kommunikationsepoche 5.0 und einer Smart Society zwischen Utopie und Dystopie

Samstag, 19.06.2021

III Sozialkredit-System in der VR China in Wirtschaft und Recht

9:30 Uhr
Ankommen

10:00 Uhr
Doris Fischer: SCS für Unternehmen – Macht das Sinn?

11:00 Uhr
Marianne v. Blomberg: Regulierung durch Shaming – Das Sozialkreditsystem als Pranger für Umweltsünder, Steuerschuldner, Lockdown-Ignoranten und andere Gesetzesbrecher

12:00 Uhr
Mittagspause

IV Die Zukunft mit Sozialkredit-Systemen – Technologische Herrschaft

13:00 Uhr
Katika Kühnreich: SCS, Kybernetik und Propaganda – Die Datafizierung von Menschen und Systemen

14:00 Uhr
Thomas Winklmeier: California über allem. Die Smart City als kybernetisches Projekt

15:00 Uhr
Kaffeepause

15:30 Uhr
Rainer Rehak: Hongkong. Von der „City of Convenience“ zur „City of Control“

16:30 Ende des Vortragsprogramms

Im Anschluss Möglichkeit zum Austausch.

Veranstalter: 

  • GI, Fachgruppe „Internet und Gesellschaft“
  • Institute for Advanced Study „Medienkulturen der Computersimulation“ (MECS) an der Leuphana Universität Lüneburg
  • Deutsche China-Gesellschaft

Programmausschuss:

Wolfgang Coy
Andrea Knaut
Katika Kühnreich
Martin Warnke
Martin Woesler